Woher kommt es, dass wir so oft beten, ohne erhört zu werden?
Dies rührt daher, dass wir nicht so beten, wie wir beten sollen, weil wir entweder nicht das aufrichtige Verlagen nach Bekehrung haben, oder weil wir um Dinge bitten, die unserem Seelenheil mehr schaden als nützen würden.
Erklärung
Wenn wir in so vielen Fällen unseres Lebens, wo wir uns im Gebet an Gott wenden, nicht erhört werden, so rührt dies daher, weil wir nicht so beten, wie wir beten sollen: weil wir aus kaltem Herzen, ohne Ernst und Sammlung, ohne Andacht, vielmehr in stolzer, selbstgefälliger Gesinnung beten; weil es uns an dem aufrichtigen Verlangen nach Bekehrung fehlt, indem wir der Liebe zur Sünde nach wie vor Raum geben in unserem Herzen. Kein Wunder, dass wir nicht erhört werden, wenn wir in dieser strafwürdigen Weise beten.
Ferner bitten wir zu Gott nicht so, wie wir beten sollen, weil wir allzu oft Gott vorschnell um Dinge bitten, die das Heil unserer Seele gefährden würden. Gleichwie den Söhnen des Zebedäi wissen wir oft nicht, was wir bitten (Matth. 20,22). Es geschieht daher aus Mitleid mit uns, wenn Gott uns nicht erhört. Er ist streng gegen uns aus Barmherzigkeit.
aus: Historische, dogmatische, moralische und liturgische Erklärung des Katechismus nebst Widerlegung der Haupteinwürfe der Ungläubigen gegen die Religion von Ambrosius Guillois, Pfarrer zu Mans, mit Approbation Verlag G.J. Manz, 1848