Quelle: Wikipedia |
Mutter stand die tränenbleiche,
wo verschmachtend hing ihr Sohn;
ihre Seele angstvoll ringet,
ihr betrübtes Herz durchdringet,
nun das Schwert der Leiden schon.
Wie so bang an Seiner Seite,
stand die hochgebenedeite
Jungfrau, Gottgebärerin,
sah mit schmerzen, sah mit Trauer,
sah mit tiefstem Mitleids Schauer
auf den Eingebornen hin.
Welcher Mensch wird da nicht weinen,
da er hier in solchen Peinen
Christi Mutter stehen sieht?
Wer, der ohne Leid betrachtet,
wie die Fromme schier verschmachtet,
da sie mit dem Sohne litt?
Hier für Seines Volkes Schulden
sieht sie Jesum Qual erdulden,
welche ihr das Herz zerreißt,
siehet in der Pein, der herben,
Alles Trost's beraubt Ihn sterben,
da Er aufgibt Seinen Geist.
Eja Mutter! Liebesquelle,
zeig mir deinen Schmerz, geselle
mich auch deiner Trauer bei,
gib, daß auch mein Herz entbrenne,
daß ich liebend Ihn erkenne,
und Ihm wohlgefällig sei.
Mutter allzeit treu befunden,
drücke Seines Kreuzes Wunden
meinem Herzen mächtig ein;
deines Sohnes bitt're Peinen,
die Er trug, um mich zu reinen,
laß mit mir geteilet sein.
Laß mich wahrhaft mit dir weinen,
dem Gekreuzigten mich einen
alle meine Tage hier;
bei dem Kreuz mit dir zu stehen,
und zu teilen deine Wehen,
immerdar erwähl' ich mir.
Jungfrau der Jungfrauen klare!
mich in süßer Huld bewahre,
lasse trauern mich mit dir,
daß ich Christi Tod empfinde,
Seinem Leiden mich verbinde
es verehre für und für.
Seine Wunden mich durchbohren,
und Sein Kreuz mir sei erkoren,
weil es trug den Herrn des Lichts;
daß die Flamme mich verschone,
sprich für mich bei deinem Sohne
an dem Tage des Gericht's.
Gib auch, daß das Kreuz mich stütze,
Christi Tod mich mächtig schütze,
Gnad' mich stärke jeder Zeit;
Gilt es einst dem Leib zu sterben,
hilf dann meiner Seele erwerben,
Paradieses Herrlichkeit. Amen.
entnommen aus: Die Heilige Stunde - Todesangst unseres Herrn Jesus Christus im Ölgarten, Bischöfliche Gutheißung, Benignus, Bischof von Autun 10.02.1830, Verlag Überreuter, 2. Auflage Wien 1850