Basilika Ottobeuren, Altar hl. Benedikt und hl. Scholastika Quelle: Wikipedia |
entnommen aus Schott Meßbuch 1957 Imprimatur
"Sie war gewohnt, ihren Bruder einmal im Jahr zu besuchen. Der Mann Gottes ging jedes Mal zu ihr hinunter zu einem Gut des Klosters, das nicht weit entfernt lag.
Eines Tages kam sie wie üblich, und ihr ehrwürdiger Bruder stieg mit einigen Jüngern zu ihr hinab. Sie verbrachten den ganzen Tag im Lob Gottes und im geistlichen Gespräch. Bei Einbruch der Dunkelheit hielten sie miteinander Mahl. Während sie noch am Tisch saßen und ihr geistliches Gespräch fortsetzten, wurde es spät. Da flehte die gottgeweihte Frau, seine Schwester, ihn an: »Ich bitte dich, lass mich diese Nacht nicht allein, damit wir noch bis zum Morgen von den Freuden des himmlischen Lebens sprechen können.« Er antwortete ihr: »Was sagst du da, Schwester? Ich kann auf keinen Fall außerhalb des Klosters bleiben.« Es war so heiteres Wetter, das sich keine Wolke am Himmel zeigte. Sobald aber die gottgeweihte Frau die Weigerung ihres Bruders hörte, fügte sie die Finger ineinander, legte ihre Hände auf den Tisch und ließ ihr Haupt auf die Hände sinken, um den allmächtigen Gott anzuflehen. Als sie dann das Haupt vom Tisch erhob, blitzte und donnerte es so stark, und ein so gewaltiger Wolkenbruch ging nieder, dass weder der heilige Benedikt noch die Brüder in seiner Begleitung einen Fuß über die Schwelle des Hauses setzen konnten, in dem sie beisammen waren. Die gottgeweihte Frau hatte nämlich ihr Haupt auf die Hände gesenkt und Ströme von Tränen auf den Tisch vergossen. Dadurch erreichte sie, dass es aus heiterem Himmel zu regnen begann. Diese Regenflut folgte nicht erst nach dem Gebet, sondern Gebet und Regen trafen so zusammen, dass es schon donnerte, als sie das Haupt vom Tisch erhob. Im gleichen Augenblick erhob sie das Haupt, und der Regen strömte nieder.
Der Mann Gottes sah nun ein, dass er bei Blitz, Donner und dem gewaltigen Wolkenbruch nicht zum Kloster zurückkehren konnte. Da wurde er traurig und klagte: »Der allmächtige Gott vergebe dir, Schwester! Was hast du da getan?« Sie erwiderte ihm: »Sieh, ich habe dich gebeten, und du hast mich nicht erhört; da habe ich meinen Herrn gebeten, und er hat mich erhört. Geh nur, wenn du kannst. Verlass mich und kehre zum Kloster zurück!«
Da er das Haus nicht verlassen konnte, blieb er gegen seinen Willen, nachdem er freiwillig nicht hatte bleiben wollen. So konnten sie die ganze Nacht durchwachen, in heiligen Gesprächen ihre Erfahrungen über das geistliche Leben austauschen und sich gegenseitig stärken."
Quelle: www.benediktiner.de
Wenige Tage später verstarb Scholastika und der hl. Benedikt sah ihre Seele wie eine Taube zum Himmel emporsteigen. Er holte ihren Leichnam und setzte ihn in dem für ihn vorgesehenen Grab im Kloster Montecassino bei.
Oratio
O Gott, Du ließest die Seele Deiner hl. Jungfrau Scholastika in Gestalt einer Taube zum Himmel emporsteigen, um ihren unschuldigen Wandel zu offenbaren; gib uns um ihrer Verdienste willen die Gnade, so unschuldig zu leben, daß wir zu den ewigen Freuden gelangen dürfen. Durch unsern Herrn.
entnommen aus Schott Meßbuch 1957 Imprimatur