Sonntag, 18. April 2021

Das heilige Vater unser

Kurze Auslegung des Vaterunsers


Warum fangt dies Gebet an: "Vater unser?"
Dies ist die Vorbereitung zum Gebete, wodurch wir zum Vertrauen auf Gott als unseren gütigsten Vater und bereitwilligsten Helfer ermuntert und zugleich an die Ihm schuldige Ehrfurcht erinnert werden, welche zwei Stücke zum Gebete sehr notwendig sind.

Warum heißt es ferner: "Der Du bist im Himmel!" da doch Gott allenthalben ist?
Dadurch werden wir ermahnt, unsere Herzen zum Himmel zu erheben, wo unser Vaterland ist und Sich Gott mit Seiner Herrlichkeit besonders zeigt.

Um was bitten wir in der ersten Bitte: Geheiliget werde Dein Name?"
Um die Gnade Gott zu lieben, Seinen Namen durch ein christliches Leben zu heuligen und die in der Taufe empfangene Unschuld unverletzt zu erhalten.

Was verlangen wir in der zweiten Bitte: Zukoome uns Dein Reich?"
Wir bitten darin Gott, daß Er Seine Kirche auf der ganzen Erde ausbreiten, in diesem Leben durch Seine Gnade über uns beständig herrschen und nach unserem Tode uns im Himmel die ewige Glückseligkeit erteilen wolle.

Was tun wir in der dritten Bitte: "Dein Wille geschehe ..."
Wir opfern uns Gott auf, ergeben uns gänzlich in Seinen göttlichen Willen und bekennen, daß wir mit Seinen Anordnungen wohl zufrieden seien; ferner bitten wir um die Gnade, den göttlichen Willen ebenso auf Erden zu erfüllen, wie er im Himmel vollbracht wird.
In diesen drei Bitten suchen wir also, gemäß der Lehre Christi (Luk. 12, 31), zuerst das Reich Gottes, damit uns das Übrige als Zugabe zuteil werde.

Um was bitten wir in der vierten Bitte: "Gib uns heute unser tägliches Brot?"
Um all' dasjenige, was uns zum Unterhalt der Seele und des Leibes notwendig ist, als das göttliche Wort, den Leib des Herrn, die tägliche, notdürftige Nahrung usw. Hierin ist auch eingeschlossen, daß Gott Blitz und Hagel, Mißwachs und allen anderen Schaden gnädig abwenden und gedeihliche Witterung etc. geben wolle.

Warum heißt es: "Gib uns heute ...?"
Um anzudeuten, daß wir alle übermäßigen Sorgen vermeiden und von Gott vertrauensvoll erwarten sollen, daß Er uns jeden Tag die erforderliche Nahrung geben werde. Auch wird daurch angezeigt, daß wir täglich beten und unsere Mitmenschen bei unserem Gebete nicht vergessen sollen.

Was erklären wir in der fünften Bitte: "vergib uns unsere Schuld ...?"
Wir erklären uns als Sünder und bitten Gott, Er möge uns unsere Sünden verzeihen, gleichwie auch wir bereit seien, unsern Beleidigern zu vergeben. Diejenigen, welche diese Bitte beten und dennoch Feindschaft gegen ihre Beleidiger im Herzen haben und die, welche allzustreng und unversöhnlich gegen die Fehlenden sind, versündigen sich schwer und werden, da sie selbst nicht barmherzig sind, auch von Gott keine Barmherzigkeit erlangen (Mark. 11, 25). Gott verabscheut nichts so sehr, als einen unversöhnlichen Menschen, und es wird die Unversöhnlichkeit nicht nur selbst nicht verziehen, sondern es werden alte, bereits verziehene Sünden durch sie wieder erneuert. Lasset uns also bei jeder Erinnerung an die von Andern erlittenen Beleidigungen stets auch dessen gedenken, wordurch wir selbst den Herrn beleidigt haben. Die Furcht wegen unserer Sünden, wird dann unsern Zorn über die Vergehen Anderer leicht unterdrücken. Und so werden wir, indem wir Andern vergeben, selbst Vergebung erlangen.

Was sagen wir in der sechsten Bitte: "Führe uns nicht in Versuchung?"
Wir bekennen unsere Schwachheit und bitten Gott, Er wolle uns stärken, daß wir nicht verführt werden, d. i. daß wir nicht einwilligen in die Versuchungen, sie mögen uns von dem Teufel, von der Welt oder von dem Fleische bereitet werden. Wir bitten nicht, daß uns Gott mit allen VErsuchungen verschonen wolle; denn die Versuchungen sind uns nützlich und zu unserem Heile notwendig, da es ohne Versuchung keinen Kampf, ohne Kampf keinen Sieg, ohne Sieg kein Verdienst und ohne Verdienst keine Belohnung geben würde; aber wir bitten, daß Gott mit uns kämpfe, da wir wohl wissen, daß wir nur mit Seiner Gnade stark genug sind, das Böse zu überwinden und die Krone der Gerechtigkeit zu erlangen.

Um was bitten wir in der siebten Bitte: "erlöse uns von dem Übel?"
Daß Gott uns von den geistlichen Übeln, von Irrtum und Sünde nämlich und vor der nächsten Gelegenheit dazu, wie auch von einem bösen Tode und vor der Hölle behüte und auch die zeitlichen Übel, als Krieg, Pest etc. von uns gnädig abwenden wolle, sofern dieselben nicht zu unserem Seelenheile notwendig sind.

Was heißt das Wörtchen: Amen?
Es heißt soviel als "Es geschehe." Wir drücken damit den Wunsch aus, daß Alles geschehen möge, um was wir gebetet haben.


entnommen aus: christkatholisches Unterrichts- und Erbauunsbuch, R. P. Goffine, Ord. Präm., mit vielen Erzbischöflichen und Bischöflichen Approbationen 1867-1874